Auricher Grüne reichen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen „Brenntag im Herbst“ beim Verwaltungsgericht Oldenburg ein

Osterfeuer
Osterfeuer | Beeki@pixabay

Mit dem Ziel, den Nachholtermin des Abbrennens der sogenannten Osterfeuer am 24.10.2020 zu verhindern, hat die Grüne Kreistagsfraktion nunmehr durch ihren Fachanwalt den Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO beantragt. Sie verlangt, „die Durchführung von den im April 2020 nicht durchgeführten „Osterfeuern“ im Landkreis Aurich am 24.10.2020 und an allen folgenden Tagen des Jahres 2020 aus naturschutzrechtlichen und abfallrechtlichen Gründen durch Allgemeinverfügung zu untersagen.“

Wie der Landkreis Aurich in seiner Mitteilung „Nur öffentliche Osterfeuer sind erlaubt“ selbst ausführt, gilt es bei Osterfeuern „insbesondere, den Natur- und Artenschutz zu beachten“ weil z.B.„Insekten, Molche, Kröten, Igel oder Vögel die Haufen aus Schnittgut schnell als Lebensstätte“ annehmen und „bei einem unvermitteltem Entfachen des Feuers die Tiere häufig keine Fluchtmöglichkeit haben und qualvoll verbrennen.“ Zur Vermeidung dieser dargestellten Gefahren sollen die Haufen erst kurz vor dem Anzünden errichtet und bereits lagernde Haufwerke umgeschichtet werden.

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Igel | monicore@pixabay

Eine solche Umschichtung ist allerdings angesichts der monatelangen Lagerung kaum zu bewerkstelligen und insbesondere unverhältnismäßig, wenn jeweils nur bis zu zehn Personen als Öffentlichkeit bei dem Feuer anwesend sein können. Die normalerweise vorhandenen Hilfskräfte von Vereinen und Gemeinschaften werden am 24.10.2020 nicht oder nur unzureichend zur Verfügung stehen, da das Feuer nur für eine begrenzte Anzahl von Personen durchgeführt werden kann. Allen Beteiligten ist klar, dass diese Herbstfeuer keine Osterfeuer sind, die zu Brauchtumszwecken veranstaltet werden. Es handelt sich auch nicht um frisch aufgehäufte Pflanzenabfälle, die im Früh-jahr nach einem Winterschnitt anfallen und die für die Feuer extra aufgerichtet werden. Es ist in den öffentlichen Debatten deutlich geworden, dass die seit dem Frühjahr bestehenden aufgerichteten Haufen abgebrannt werden sollen, damit sie kostengünstig verschwinden und nicht abtransportiert und einer Entsorgungsanlage zugeführt werden müssen.

§ 19 des BNatSchG erklärt, dass eine Schädigung von Arten im Sinne des Umweltschadensgesetzes jeder Schaden ist, der erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Erreichung und Beibehaltung des günstigen Erhaltungszustandes dieser Lebensräume oder Arten hat. Arten im Sinne des § 19 Abs. 1 BNatSchG sind die Arten, die in den Anhängen II und IV der Richtlinie 92/43 EWG aufgeführt sind. Wenn die unmittelbare Gefahr des Eintritts eines Umweltschadens besteht, so bestehen für die Verantwortlichen zum einen eine Informationspflicht gemäß § 4 USchadG und zum anderen eine Gefahrenabwehrpflicht gemäß § 5 UschadG. Den zuständigen Behörden obliegen im Falle eines Umweltschadens Überwachungspflichten und sie können die erforderlichen Anordnungen treffen.

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Die Untätigkeit der unteren Naturschutzbehörde, die sehenden Auges eine Schädigung von streng geschützten Arten mit der Zulassung der Herbstfeuer in Kauf nimmt, bedingt den Anordnungsanspruch der Klägerinnen. Darüber hinaus besteht eine Verpflichtung der unteren Abfallbehörde, das Abbrennen der Herbstfeuer zu untersagen. Die Haufwerke sind bereits seit Ostern aufgeschüttet und zwischenzeitlich nicht umgeschichtet worden. Gestrüpp und Gras sind hineingewachsen und machen ein Umschichten sehr schwierig und aufwendig. Die Haufwerke sind groß und beinhalten nicht nur „übliches Osterfeuer-Brennmaterial“.

Neben abfall- und naturschutzrechtlichen Argumenten gegen das Abbrennen wird auch die Definitiondes Brauchtums in diesem Zusammenhang als nicht zielführend bezeichnet. Die Pandemielage, die im April dieses Jahres zum Verbot der Osterfeuer führte, hat sich seit dem Frühjahr nicht verändert, sie ist eher noch dramatischer bezüglich der Ansteckungen geworden. Bei Durchführung eines Osterfeuers im Oktober wird die Definition des Brauchtums an dieser Stelle ad absurdum geführt. Brauchtum ist eine innerhalb einer Gemeinschaft entstandene regelmäßig wiederkehrende Handlungvon Menschen in festen, stark ritualisierten Formen. Sie dienen ihrer Erhaltung und Weitergabe sowie dem inneren Zusammenhalt der Gruppe.

Coronaschutz
Coronaschutz | KlausHausmann@pixabay

Angesichts der Tatsache, dass die öffentlichen Herbstfeuer nur von zehn Personen gleichzeitig besucht werden dürfen, tritt der Charakter des Brauchtums in den Hintergrund. Die sich ansonsten in einer Vielzahl von Menschen einfindende Gemeinschaft mit ihrem örtlichen Bezug ist im Wesentlichen von dem Abbrennen der Feuer ausgeschlossen. Insofern dient das Abbrennen der Feuer nicht der Brauchtumspflege, sondern der Abfallentsorgung des Grünzeugs.

Das OVG Münster hat in ähnlichem Zusammenhang ausgeführt, dass mit der Brauchtumspflege verbunden ist „dass das Feuer von der in der Ortsgemeinschaft verankerten Glaubensgemeinschaft, den Organisationen und Vereinen ausgerichtet wird und im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung für jedermann zugänglich ist.“ Es führt weiter aus „dass Verbrennungsvorgänge eines typischen Osterfeuers regelmäßig geeignet sein dürften, Gefahren und erhebliche Belästigungen im Sinne des § 7 Abs. 1 LImSchG hervorzurufen, so dass gute Gründe für die Annahme einer generellen Genehmigungspflicht auf der Grundlage der Ausnahmevorschrift des § 7 Abs. 2 LImSchG sprechen.“

Unter diesen Voraussetzungen ist die Inkaufnahme von dem Töten streng geschützter Arten eine rechtswidrige Handlung, die dem Recht und Gesetz als Maßstab des Handelns der Verwaltung widerspricht. Insofern besteht zwischen den sich in einer Fraktion zusammengeschlossenen Kreistagsabgeordneten und der das Bundesnaturschutzgesetz ausführenden Unteren Naturschutz-behörde als Verwaltung ein streitiges Rechtsverhältnis und ein Anordnungsgrund dahingehend, dass bei der Durchführung der herbstlichen Osterfeuer die befürchtete Gefahr der Tötung von streng geschützten Arten erfolgen wird und somit die Verwaltung nicht ihrem Auftrag als präventiver Gefahrenabwehr nach dem Umweltschadensgesetz nachkommt.

Diese Sichtweise ergibt sich auch für die untere Abfallbehörde, der bewusst ist, dass die herbstlichen Osterfeuer tagsüber am 24.10.2020 nicht zu Brauchtumszwecken veranstaltet werden, sondern der Beseitigung der Pflanzenabfälle durch eine verbotene Verbrennung dienen. Dieses widerspricht der bereits dargelegten Verordnung über die Beseitigung von pflanzlichen Abfällen und Treibsel außerhalb von Abfallbeseitigungsanlagen vom 14.01.2015. Insofern ist ein Einschreiten der unteren Abfallbehörde notwendig.“