Wir alle brauchen eine freie Presse und einen gewaltfreien Journalismus

Anlässlich des internationalen Tags der Pressefreiheit am 03. Mai, hatte der GRÜNE Ortsverband Jever zu einer Kundgebung auf den Marktplatz, Jever eingeladen.

Demo für Pressefreiheit
Foto: Franziska Zielke

Bei typisch norddeutschem Schietwetter und vor dem Hintergrund der Corona Pandemie versammelten sich etwa 20 Menschen und Pressevertreter vor dem Sagenbrunnen im Zentrum Jevers.

Alle Teilnehmenden hielten sich selbstverständlich an die geltenden Verordnungen, trugen Schutzmasken und hielten Abstand.

Die Veranstaltung eröffnete Sina Beckmann, Kreisvorstandssprecherin der GRÜNEN Friesland und Bundestagsdirektkandidatin des Wahlkreises 26. In ihrer Eröffnungsrede skizzierte sie die deutlich schlechtere Sicherheitslage für Journalist*innen in der Welt und hob die Wichtigkeit des Journalismus für die Demokratie hervor.

Ihr folgte als Redner Karl Oltmanns, GRÜNER Bürgermeisterkandidat für die Stadt Jever. Oltmanns legte den Schwerpunkt seiner Rede auf die Lokal- und Regionalpresse und deren Bedeutung für die Menschen. Neben der Aufklärung schaffe die örtliche Presse Gemeinschaftsgefühl und Identifikation der Menschen mit ihrer Region.

Als Schlussredner der Kundgebung spannte der Journalist und GRÜNEN Politiker Ulf Berner aus Wilhelmshaven einen Bogen von der Bedrohungslage für Journalist*innen in Deutschland über die Selbstverpflichtung des Journalismus auf den Pressekodex bis hin zum Bürgerfunk, der nach Berners Meinung eine unersetzliche Rolle in der deutschen Medienlandschaft bilde.

Alle Reden fanden großen Zuspruch bei den Teilnehmenden und sowohl die Veranstaltenden, wie auch die Teilnehmenden waren sich einig für die Pressefreiheit jeden Tag eintreten zu wollen, nicht nur am 03. Mai.

Demo für Pressefreiheit
Foto: Franziska Zielke

Die Reden im Wortlaut

Sina Beckmann | Karl Oltmanns | Ulf Berner

Sina Beckmann: „Wir alle brauchen eine freie Presse und einen gewaltfreien Journalismus“

Moin und hallo!

Sina Beckmann

Vielen Dank, dass ihr euch heute trotz Regen und Kälte auf den Weg gemacht habt. Heute ist internationaler Tag der Pressefreiheit, deshalb sind wieder jetzt hier.

In Deutschland wird sie garantiert durch den Artikel 5 in unserem Grundgesetz. Die Pressefreiheit gehört zu unserer Demokratie, sichert unsere Freiheit. Thomas Jefferson, Präsident der USA sagte mal: „Wo Pressefreiheit herrscht und jedermann lesen kann, da ist Sicherheit.“

Und Sicherheit ist hier ein gutes Stichwort, denn die Sicherheit der Journalist*innen ist weltweit in Gefahr. Auch bei uns. So zeigt der aktuelle Bericht der Reporter ohne Grenzen auf, dass in Deutschland Journalist*innen zunehmend gewalttätigen Angriffen ausgesetzt sind. Alleine in 2020 waren es 65 Angriffe, 5x mehr als in 2019. Das ist erschütternd! In dem Bericht von Reporter ohne Grenzen werden 180 Länder verglichen, Deutschland belegt nur noch Platz 13. Zwar sind Länder wie China, Turkmenistan und Nordkorea als Schlusslichter genannt. Doch schauen wir, wer es besser macht: Die skandinavischen Länder Norwegen, Schweden, Finnland und Dänemark stehen auf den ersten Plätzen – wir müssen uns hieran ein Beispiel nehmen. Insgesamt kommt der Bericht zu einem traurigen Fazit: In Dreiviertel aller Länder ist die Pressefreiheit zumindest bedeutend eingeschränkt.

Dabei ist die Pressefreiheit so wichtig für die Demokratie und eine stabile Gesellschaft. Sie berichtet, sie hinterfragt, sie deckt auf. Journalist*innen ermittelten den Skandal um die Panama Papers, recherchierten viele Missbrauchsfälle oder haben die Wirecard-Affäre enthüllt. Wir alle brauchen eine freie Presse und einen gewaltfreien Journalismus – dafür stehen wir heute hier.

Dafür stehe ich heute hier.

Vielen Dank fürs Dabei-sein!

 

Karl Oltmanns: „Mehr denn je tragen die lokalen Zeitungen und Radiosender zur lokalen Identität und der Meinungsbildung bei.“

Karl Oltmanns
Karl Oltmanns

Die Pressefreiheit ist wichtig – das gilt für die großen Medien ebenso wie für die kleinen. Allein auf der ostfriesischen Halbinsel haben wir davon gleich ein Dutzend: Die Emder Zeitung, Ostfriesen Zeitung, Ostfriesischer Kurier, General-Anzeiger, Ostfriesische Nachrichten, Anzeiger für Harlingerland, Jeversches Wochenblatt, Wilhelmshavener Zeitung und die Nordwest-Zeitung.  Dazu kommen natürlich Radio Jade und Radio Nordseewelle. Vielfalt ist Trumpf und Konkurrenz hält wach.

Hier vor Ort passt die Lokalzeitung auf, was sich tut. Sie beobachtet die Vorgänge im Rathaus und Kreisamt, sie beobachtet Kommunalpolitiker und Bürgermeister, Wirtschaftsunternehmen und gesellschaftliche Strömungen. Und veröffentlicht, was sie vorfindet. So kann sich jeder Bürger ein Bild machen von den Vorgängen in seinem direkten Umfeld.

Aber das Aufklärerische ist bei Lokalzeitungen nur die eine Seite. Anders als bei den großen nationalen Medien sorgen sie für etwas ganz Entscheidendes: Sie schaffen Verbindung. Wer die Lokalzeitung liest, weiß, was sich in seinem direkten Umfeld tut, wer welche Aktionen anschiebt, was wo angeboten wird. Oder auch was schiefläuft. Das ist zum einen gemeinsamer Gesprächsstoff am Küchentisch oder am Gartenzaun. Und es ist auch ganz praktische Lebenshilfe. Denn als Lokalzeitungsleser weiß man ja, was wo angeboten wird. In jedem Fall aber gibt es einen persönlichen Bezug, weit über die reine Wissensvermittlung hinaus.

Das schafft Verbindung, es schafft ein Gemeinschaftsgefühl. Mehr denn je tragen die lokalen Zeitungen und Radiosender zur lokalen Identität und der Meinungsbildung bei. Und das spiegelt sich nach 15 Monaten Corona auch in steigenden Abozahlen der Zeitungen wieder, welche wiederum zum Erhalt der hiesigen Pressevielfalt beitragen.
Denn Pressevielfalt und Pressefreiheit sind enorm wichtige Bausteine für das Zusammenleben in einer Kommune.
Meine persönliche Bitte daher an die Zeitungsmacher in der Region: Machen Sie bitte genauso engagiert weiter.

Vielen Dank !

Ulf Berner: „Ohne Presse würde unser Weltbild an der Ortsgrenze enden und unsere Meinung würde sich aus dem Hörensagen aus der Nachbarschaft bilden.“

Moin zusammen,
mein Name ist Ulf Berner. Ich bin gelernter Journalist, seit 2013 habe ich aber in die Politik gewechselt und spreche heute als Mitglied der Partei BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN zu Ihnen.

Ulf Berner
Ulf Berner

Presse, das ist eine wichtige Säule unserer Demokratie und die Pressefreiheit ein Gradmesser für die Freiheit einer Gesellschaft.
Im Artikel 5 unseres Grundgesetzes heisst es:
Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

In der aktuell veröffentlichten Rangliste der Pressefreiheit von „Reporter ohne Grenzen“ wird deutlich, dass die Situation von Berichterstatter*innen weltweit schwieriger geworden ist und sich die Situation vor dem Hintergrund der Corona Pandemie noch einmal verschärft hat.
Dass Deutschland sich in der Rangliste um zwei Plätze auf Rang 11 verbessert hat, darf nicht darüber hinweg täuschen, dass es auch hier Entwicklungen gibt, derer wir uns erwehren müssen.
Zunehmend geraten Reporter*innen am Rande von Demonstrationen aus dem rechten Milieu und der Querdenker-Bewegung unter Druck, werden verbal und auch tätlich angegriffen und vermissen immer wieder Schutz durch Ordnungskräfte. Hass und Hetze in den sogenannten sozialen Medien nehmen zu und die Verleumdung etablierter Medien als „Lügenpresse“ greift dort mehr und mehr Raum.

Hinzu kommen Gesetzgebungsvorhaben der Bundesregierung die Verschlüsselungs- und Anonymisierungstools von Messenger- und Mailingdiensten zu kriminalisieren. Dies soll der Kriminalitätsbekämpfung dienen, hat aber auch unmittelbar Einfluss auf die Recherchearbeit von Journalisten und den Quellenschutz. Auch würde mit solchen Gesetzen sogenannten „Whistleblowern“ die Arbeit erheblich erschwert.

Wenn wir von Pressefreiheit reden, dann gehört meines Erachtens zur Wahrheit aber auch eine damit verbundene Verpflichtung der Journalist*innen, ihre Arbeit gewissenhaft und nach ethischen Grundsätzen durchzuführen. In Deutschland gilt dafür der Pressekodex des Deutschen Presserates. Dieser regelt wichtige Punkte, wie Sorgfaltspflicht, Wahrhaftigkeit, Achtung der Menschenwürde und vieles mehr. Nur wenn Journalist*innen nach diesen Grundsätzen arbeiten, erhalten sie sich ihre Glaubwürdigkeit und können ihre Rolle als sogenannte „vierte Macht“ im Staat überzeugend wahrnehmen.
In diesem Zusammenhang kommt den öffentlich-rechtlichen Medien eine besondere Bedeutung zu. Diese unterliegen per Definition keinen marktwirtschaftlichen Mechanismen und können so in besonderer Weise unabhängig berichten. Damit will ich keinesfalls sagen, dass private Medien grundsätzlich keinen guten Journalismus bieten. Besonders im Printbereich gibt es zahlreiche gute Beispiele. Aber es gibt besonders bei den privaten Medien eben auch tendenziöse, auflagen- beziehungsweise quotenorientierte Publikationen, die den strengen Maßstäben des Pressekodex nicht gerecht werden.
Die Verantwortung dafür liegt oft nicht bei den dort arbeitenden Journalist*innen, sondern in der Unternehmensführung und den von dieser gesetzten Bedingungen.
Journalismus muss alles daran setzen, wahrheitsgemäß, glaubwürdig und möglichst objektiv zu berichten, um nicht denen Argumente zu liefern, die ihn reglementieren und seine Unabhängigkeit beschneiden wollen.

Gerade in diesen Zeiten großer Herausforderungen und Umbrüche brauchen wir einen vielfältigen, guten Journalismus auf allen Ebenen. Deshalb schlägt mein Herz auch seit Jahren für die Bürgermedien, die als unabhängiger Teil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf regionaler und lokaler Ebene einen unersetzlichen Baustein in der Informationslandschaft bilden.

Auch Bürgermedien haben etwas mit Pressefreiheit zu tun.
Leider gibt es in Deutschland immer wieder Tendenzen Bürgermedien die Arbeit zu erschweren. Ihre finanziellen Mittel sind oft so knapp bemessen, dass sie ohne zusätzliche Förderungen der Kommunen oder Spenden ihre wertvolle Arbeit nicht leisten können. Wir brauchen aber nicht weniger Bürgermedien, sondern eher noch mehr, da sie auf regionaler und lokaler Ebene oft die einzige sogenannte Gegenöffentlichkeit – also unabhängige Alternative zu den regionalen und kommerziellen Tageszeitungen bilden. Außerdem sind sie oft auch Ausbildungsort für den journalistischen Nachwuchs. Hier kann besonders unser Bürgersender Radio Jade auf große Erfolge verweisen.

Presse dient unser aller Information und Meinungsbildung. Sie deckt Mängel auf, regt zum Nachdenken an und dokumentiert Erfolge. Ohne Presse würde unser Weltbild an der Ortsgrenze enden und unsere Meinung würde sich aus dem Hörensagen aus der Nachbarschaft bilden.
Wir alle müssen jeden Tag dafür eintreten, dass Journalist*innen frei, fair, fundiert und unabhängig berichten können.
Es ist in unserem ureigensten Interesse!

Vielen Dank!

Demo für Pressefreiheit
Foto: Franziska Zielke