Niedersächsischen Sicherheitsbehörden haben im NSU-Komplex eklatante Wissenslücken

In 104 Fragen hat die Grünen-Fraktion in einer Großen Anfrage an die Landesregierung versucht, Licht ins Dunkel der rechtsextremistischen Netzwerke in Niedersachsen zu bringen. Dabei standen insbesondere die noch immer weitgehend unklaren Verbindungen aus Niedersachsen zum NSU im Mittelpunkt, aber auch die Konsequenzen aus den Erkenntnissen mehrerer Untersuchungsausschüsse für die Sicherheitsbehörden und ihren Umgang mit rechtsextremen und terroristischen rechten Netzwerken.
Deutlich wurde dadurch der unverändert hohe Aufklärungsbedarf zum Wirken gerade auch militanter rechtsextremistischer Personen und Gruppen in Niedersachsen und ihre Verbindungen zum früheren NSU.

Helge Limburg, rechtspolitischer Sprecher und Parlamentarischer Geschäftsführer

ZitatEs ist offensichtlich, dass die niedersächsischen Sicherheitsbehörden im NSU-Komplex eklatante Wissenslücken haben. Was uns fehlt, ist in Niedersachsen eine umfassende Aufarbeitung des NSU-Komplexes, des Wirkens in Niedersachsen und den Unterstützungsstrukturen. Die engen Kontakte bekannter Neonazis zum NSU sind entweder nicht bekannt oder werden nicht ernst genommen. Trotz unserer intensiven Bemühungen in den letzten Jahren, Förderprogramme gegen Rechts zu unterstützen und Beratungsangebote zu schaffen, gibt es für die Landesregierung noch viel zu tun. Dass die große Koalition genau diese Mittel kürzt, ist falsch und gehört korrigiert. Solche Programme gegen Rechts müssen von Dauer sein. Es geht darum, den Rechtsextremisten*innen den Nährboden für rechte Ideologie, Hetze und Gewalttaten zu entziehen.“

Gewalt | Ella_87@pixabay

Die Politologin und Autorin Andrea Röpke führt weiter aus:
„Ganz eindeutig gibt es wesentlich mehr intensive Verbindungen des NSU nach Niedersachsen, als die Antwort des Innenministeriums preisgibt. Die Landesregierung […] verharmlost in der Beantwortung […] rechte Positionen und verweigert zudem an entscheidenden Stellen, öffentliche Auskunft über die hiesigen gewaltbereiten Strukturen. Informationen darüber sind aber vonnöten, um aktiven gewaltbereiten Netzwerken begegnen zu können. Die Aufklärungsarbeit der niedersächsischen Sicherheitsbehörden für die gesamte rechtsextreme Szene ist noch immer katastrophal. Denn Unterstützer des NSU hielten sich zeitweilig hier auf […] und beschafften Waffen. Wenn es den Sicherheitsbehörden nicht gelingt, diese militanten Netzwerke vollständig aufzudecken, leistet dies Straftaten wie dem Mord an Walter Lübcke Vorschub.“

Gewalt | Skitterphoto@pixabay

Mehmet Daimagüler, Rechtsanwalt und Autor:
„Der NSU ist nicht Vergangenheit. Zentrale Fragen blieben bislang unbeantwortet: die ungeklärte Rolle von Verfassungsschutzbehörden und ihren V-Männern, die offenkundigen Widersprüche zur These der Bundesanwaltschaft von einem „isolierten Trio“, zu örtlichen Nazi-Netzwerken, die bei der Vorbereitung der geplanten und ausgeführten Anschläge beteiligt waren und der Dimension des institutionellen Rassismus bei der Polizei, der Hinweise auf die wahren Täter ignorierte und stattdessen Opfer und Opferangehörige kriminalisierte. Solange es keine Antworten auf diese -und andere- Fragen gibt, dürfen die Aktendeckel nicht geschlossen werden. Das schulden wir den Opfern und ihren Angehörigen, das schulden wir unserem demokratischen Rechtsstaat.“

Dies ist eine gekürzte Version, hier geht’s zur vollständigen Pressemitteilung

Alle 104 Fragen und Antworten der Großen Anfrage