Ein Band des Friedens zog sich durch den Landkreis

In einem breiten Bündnis der Zivilgesellschaft setzten unter dem Motto „Band des Friedens“ am vergangenen Freitag rund 300 Menschen aus dem Landkreis Wittmund ein Zeichen für die Menschen in der Ukraine und den Frieden.  

„Vor einem Jahr standen viele von uns gemeinsam in Wittmund vor dem Kreishaus. Erschüttert vom russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 hatten wir uns zwei Tage später mit Fahnen und Friedensliedern versammelt, um die Erschütterung über einen neuen Krieg in Europa zu teilen, um unsere Solidarität mit den Menschen in der Ukraine auszudrücken. Wir waren sprachlos,“ erinnerte Superintendentin Eva Hadem zu Beginn der Mahnwache in Esens.

Wichtig war den Initiator*innen, dass diesmal auch Geflüchtete aus der Ukraine selbst zu Wort kamen. Berührend warb die junge ukrainische Grundschullehrerin Anastasia in Esens dafür, hoffnungsvoll gemeinsam in die Zukunft zu gehen. Und damit unterstrich sie, worauf sich die Veranstalter*innen im Vorfeld verständigt hatten: Wir setzen uns gemeinsam dafür ein, dass dieser und jeder Krieg so schnell wie möglich ein Ende finden. Und dafür, dass die Ukrainer und Ukrainerinnen in ihrem Land wieder friedlich und selbstbestimmt leben können.

In Friedeburg nahmen zwei Schulklassen der Schule Altes Amt Friedeburg an der Mahnwache teil. Für sie ist die Integration von Mitschüler*innen aus der Ukraine seit einem Jahr Alltag. Bürgermeister Helfried Goetz eröffnete die Mahnwache mit einer kurzen Rede, abschließend sprach Pastor Jörg Janköster ein Friedensgebet. In Wittmund startete die Mahnwache mit einem Beitrag von Leonore Determann, auch hier waren viele ukrainische Schüler:innen mit ihren Liedern dabei.

In den Ansprachen wurde Präsident Putin deutlich als Verursacher des Angriffskrieges und Kriegstreiber benannt. Anders als bei anderen streng pazifistisch ausgerichteten Kundgebungen der Friedensbewegung an anderen Ort, stand die Notwendigkeit der Waffenlieferungen an die Ukraine zur Selbstverteidigung bei den Kundgebungen im Harlingerland außer Frage. „Wir wünschten uns so sehr andere Lösungen und ahnen doch, dass sie unmöglich sind, solange die russische Seite auf Angriff und die völkerrechtswidrige Übernahme der Ukraine setzt,“ formulierte Hadem und versuchte in Worte zu fassen, was viele der Zuhörenden in diesem Moment dachten.

Die Mahnwachen wurden initiiert und organisiert von der Arbeiterwohlfahrt (AWO), den Kirchengemeinden des Ev.-luth. Kirchenkreises Harlingerland, der Wittmunder Flüchtlingsinitiative „Hand in Hand“, sowie den Parteien BfB, CDU, EBI, FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Mit Instrumentalmusik, Friedensliedern, Peace-Fahnen und ukrainischen Flaggen sorgten die Versammelten für Aufmerksamkeit in der Mittagspause und trotzten einzelnen Regenschauern, bis die Sonne sich überall wieder durchsetzen konnte.

 

Rede von Eberhard Hoffmann:

Liebe Friedenssehnsüchtige,

vor einem Jahr standen viele von uns gemeinsam in Wittmund vor dem Kreishaus. Erschüttert vom russischen Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 hatten wir uns zwei Tage später mit Fahnen und Friedensliedern versammelt, um die Erschütterung über einen neuen Krieg in Europa zu teilen, um unsere Solidarität mit den Menschen in der Ukraine auszudrücken. Wir waren sprachlos.

Ein Jahr später stehen wir nun hier. Wir haben ein symbolisches Friedensband durch den Landkreis gespannt, von Spiekeroog, über Esens und Wittmund nach Friedeburg.

Wir reden immer wieder über den Krieg und bleiben erschüttert von den täglichen Nachrichten aus der Ukraine:

– Menschen in U-Bahnschächten

– Soldaten im Gefecht

– zerstörte Häuser

– zerbombte Städte und Dörfer

– erschossene Soldaten und Zivilisten

– vage Nachrichten von Frontlinien, die sich in die eine oder andere Richtung verschieben.

Und Putin mit seinem Stab als Kriegstreiber, der Wahrheiten verdreht und auch mit seinen Worten weiter den Krieg anheizt. Eine Ende dieses sinnlosen Krieges sehen wir nicht.

Die Not der Menschen in der Ukraine rührt uns.

Und zugleich haben wir keine echte Antwort auf die Frage: Wie kann Frieden werden?

Wir bleiben sprachlos zwischen allen Worten.

Wir haben versucht zu helfen, um nicht auch tatenlos zu bleiben:

– Hilfsgüter und Geldspenden wurden gesammelt und auf den Weg gebracht.

– Geflüchtete haben bei uns Unterschlupf gefunden und fädeln sich in Kita, Schule und Beruf in unseren gemeinsamen Alltag ein.

Nach dem Wahnsinn des Zweiten Weltkriegs, der von deutschem Boden ausging, und der Friedlichen Revolution 1989 in unserem Land hatten wir ganz und gar auf Abrüstung gesetzt, tief davon überzeugt, dass man mit Waffen letztlich keinen Frieden schaffen kann, dass Frieden am Ende verhandelt und geschlossen werden will.

Seit einem Jahr stellen sich die Fragen von Waffenlieferungen drängend neu. Die Menschen in der Ukraine bitten nachdrücklich darum, um sich und ihr Land zu verteidigen. Und so wägen wir seit einem Jahr Schritt um Schritt die Lieferungen von Kriegsmaterial ab. Soldaten aus der Ukraine werden in Deutschland an deutschen Systemen ausgebildet. Wir tun das im Schulterschluss mit allen Verbündeten in der westlichen Welt.

Wir wünschten uns so sehr andere Lösungen und ahnen doch, dass sie unmöglich sind, solange die russische Seite auf Angriff und die völkerrechtswidrige Übernahme der Ukraine setzt.

Und doch: Die Sehnsucht nach Frieden bleibt.

Bei den Menschen in der Ukraine zuallererst. Zurückkehren, wieder den Ehemann, Sohn, Freund und Vater, die Eltern in die Arme schließen, das Land wieder aufbauen… einfach in Frieden leben.

Die Sehnsucht nach Frieden ist groß.

Auch bei uns, gerade weil wir in unseren Familien nur zu schmerzlich wissen, wie lange Kriegstraumata nachwirken.

Die Sehnsucht nach Frieden kennt keine Grenzen.

Auch in Russland gibt es die, die sie teilen, gerade in den Familien, die Kriegsopfer zu beklagen haben.

Die Sehnsucht nach Frieden trägt uns.

Führt uns zusammen.

Stärkt uns.

Darum stehen wir heute hier, stehen beieinander, singen Friedenslieder und geben nicht auf, für eine Welt in Frieden und Freiheit aufzustehen.

Wir kennen den Frieden.

Wir wissen, wie wunderbar es sich im Frieden leben lässt. Darum geben wir die Hoffnung auf Frieden nicht auf. Darum rührt uns die Not der ukrainischen Geschwister.

Als Joe Biden vor vier Tagen bei seinem Blitzbesuch in der Ukraine das Ehepaar Selenskyj begrüßte, fragte er als erstes Olena Selenska: „Wie geht es den Kindern?“

Und das ist doch die entscheidende Frage:

Wie geht es den Kindern?

Wie schaffen wir für sie eine Zukunft, in der sie in Frieden und Freiheit leben können?

In der Ukraine, in Deutschland, in Europa, in der ganzen Welt.

Für sie bleiben wir:

Sehnsüchtig Suchende nach dem Frieden.

Für sie bleiben wir an der Seite der Menschen in der Ukraine – hoffend und helfend, damit die Menschen eines Tages in ihrem Land wieder in Frieden leben können.