Endlich wieder eine Live-BDK

Ja, es war endlich mal wieder eine Bundesdelegiertenkonferenz (Bundesparteitag), die nicht online stattfand. Es war wie früher – und doch ganz anders.

Wir sind jetzt Regierungspartei, und das macht tatsächlich einen Unterschied.
Schon am Ausgang der U-Bahn und Busstationen: Polizei. Auf dem Weg zur Halle an jedem zweiten Baum Fahnen: Atomkraft, nein danke. So 200 Meter vor der Halle die ersten Demonstrierenden. Atomkraft habe ich schon erwähnt, der BUND war dort, Amnesty International, Fridays for Future, Nabu und neben einigen anderen natürlich „Lützi muss bleiben“.
Mit all diesen Gruppen waren schon auf dem Weg gute Gespräche möglich. Es gab viele, viele gute Diskussionen. Alles unter sehr viel Polizeischutz.
Der Platz war am ersten Tag durch Absperrungen in verschiedene Wege geteilt, an zwei Stellen war die Frage angebracht: „Wo muss ich denn jetzt lang?“

Grüne für LGBTIQ* Solidarität
Grüne für LGBTIQ* Solidarität, vorne Mitte Terry Reintke, Co-Sprecherin Greens/EFA, zwei dahinter Elisabeth Özge | Foto: Maya Wischnewski

Neben diesen Gruppen gab es natürlich auch ein paar andere. So wurden wir z.B. als “Kriegstreiber“ beschimpft und gefragt, ob es nach dem Parteitag an die Ostfront geht. Eine Gruppe „TERFs“ war auch vor Ort und hat dumme Bemerkungen zu jedem und jeder gemacht die oder der irgendwie nach Regenbogen aussah. Mit diesen beiden Gruppen haben wir uns, so weit möglich, nicht auf Gespräche eingelassen.

Irgendwann hatten wir uns dann zur Eingangstür vorgearbeitet. Erste Amtshandlung: FFP2 Maske auf. Mit in die Halle durfte eine kleine (Hand-)Tasche und die Laptop-Tasche. Beides wurde kontrolliert wie am Flughafen. Getränke durften nicht mit hereingebracht werden. Ärgerlich, weil in der Halle alles recht teuer war. Die kontrollierten Taschen wurden mit Bändern gekennzeichnet und Delegierte bekamen nach positiver Identifikation ein Armband um. Dieses durfte über die drei Tage nicht entfernt werden (war wasserfest :)). Bei jedem Betreten der Halle: Ärmel hoch, Band zeigen, ok – du darfst rein. So viel Security habe ich noch selten gesehen. Unglaublich.
Schade war, dass mein Ersatzdelegierter nicht neben mir sitzen durfte. So waren Absprachen zwar möglich, aber deutlich erschwert.

Foto: Brauers

Die meisten von euch werden die BDK an den Bildschirmen, Laptops oder ähnlichem verfolgt haben. Ich sage euch also nichts Neues mit der Aussage: Wieder viele gute Reden und tolle Beiträge. Ich persönlich fand sowohl Ricarda als auch Omid in den politischen Reden besser denn je. Robert und Annalena können sowieso beide gut reden, waren teilweise emotionaler als sonst. Tränen in den Augen und Kloß im Hals hatte ich bei der Rede von Pegah Edalatian.

Foto: Özge

Der Kreisverband Wilhelmshaven (also ich, mein Ersatz durfte ja nicht neben mir sitzen) war in der letzten Reihe platziert. Die Redenden selbst konnte ich (gut, ich bin eine Zwergin) kaum sehen, da war es sehr hilfreich, dass eine Leinwand ein Zusehen ermöglichte. Zwischenzeitlich war die Geräuschkulisse ziemlich hoch, einige Reden schwer zu verstehen waren. Hinter uns saß die Presse und hat stellenweise sehr lautstark diskutiert. Aber mit der Presse meckern – keine gute Idee, dachte ich mir. Nur bei den Reden von Annalena und Pegah Edalatian war es anders. Diese beiden Frauen wurden auch schon beim Betreten der Bühne mit standing ovations begrüßt. Dann absolute Stille vom ersten bis zum letzten Wort (außer Beifall zwischendurch natürlich). Das war schon sehr beeindruckend.

Ansonsten war die Stimmung in der Halle angenehm (es war nur viel zu warm). Wenn Nebenmann oder Nebenfrau anders abgestimmt hat, war das völlig ok, kein Gedanke, dass jemand anders abstimmt als er oder sie wollte, weil es eine offene Abstimmung war.
Die Abstimmungen liefen trotz Diskussionen friedlich ab, wobei ich den knappen Ausgang gegen den Antrag der Grünen Jugend sehr bedauert habe. Schade, dass Klima erst zum Schluss dran war.

Apropos warme Halle: Auch das Wasser war in der Halle echt teuer. Ich gehe davon aus, dass die Sicherheitsvorkehrungen in den nächsten Jahren bleiben. Wie wäre es, ein paar Wasserspender aufzustellen? Ich glaube, die kosten nicht die Welt.
Es waren anstrengende, aber auch sehr interessante drei Tage. Mein Ersatzdelegierter und ich waren dann doch froh als der Zug Sonntag spät abends gegen 22:30 Uhr wieder in Wilhelmshaven eingerollt ist.

Herzlichen Dank an Elisabeth Özge vom KV Wilhelmshaven für Ihren Bericht zum Bundesparteitag aus der Sicht einer Delegierten.