Luftverschmutzung aus Industriegebiet Delfzijl? 



Grüne fordern Verschärfung der Betriebsgenehmigung



Die deutschen Gemeinden an der Außenems fürchten Gesundheitsgefahren durch Luftschadstoffe: Die Küstenregion liegt in der Hauptwindrichtung  des niederländischen Industrieparks Delfzijl. Über den Dollart werden Schadstoffe aus dem niederländischen Industriepark Delfzijl herübergeweht. Die Firma ESD-SiC produziert dort Siliziumkarbid (SiC), ein Stoff, der als krebserregend eingestuft ist. Wie werden Luftschadstoffe im Küstengebiet gemessen? Das haben die Grünen Abgeordneten Meta Janssen-Kucz und Imke Byl mit einer Landtagsanfrage erfragt. Die Antworten des Landesumweltministeriums liegen nun vor.

Meta Janssen-Kucz
Meta Janssen-Kucz, Landtagsabgeordnete


Die Grünen Abgeordnete Meta Janssen-Kucz (Borkum/Leer) hält die Antworten der Landesregierung  für unzureichend: „Niedersachsen führt keine eigenen Messungen auf Siliziumkarbid durch. Bei der Gefährdungseinschätzung verlässt sich das Umweltministerium allein auf die Untersuchungen der Niederlande. Solange keine aussagekräftigen Messungen und Ausbreitungsberechnungen auch auf niedersächsischer Seite durchgeführt werden, lässt sich eine Gesundheitsgefahr nicht sicher ausschließen. Solange noch „Blazer“- Betriebsstörungen auftreten, muss dies künftig öffentlich gemacht werden. Nur dann können die Daten der Luftmessungen gezielt genutzt werden um herauszufinden, wie und wo sich die Schadstoffe der Blazer verbreiten.“ 

Auf Druck der Öffentlichkeit, vor allem der Bürgerinitiative „Saubere Luft Ostfriesland“ sowie der Grünen kommt nun aber etwas Bewegung in die Sache. In den Niederlanden wird eine Verschärfung der Genehmigung vorbereitet. Die Landesregierung berichtet, dass im Jahr 2020 nur noch sechs sogenannte „Blazer“ auftraten. Als „Blazer“ werden Betriebsstörungen bezeichnet, die dazu führen, dass eine Wolke aus Siliziumkarbidfasern ungefiltert an die Umwelt abgegeben wird.
„Es ist eine Frechheit, dass technische Verbesserungen im Unternehmen erst angeschoben wurden, nachdem Proteste laut wurden. Jede Blazer-Wolke ist zu viel. Das Land muss sich bei der Neugenehmigung dafür einsetzen, Blazer gänzlich auszuschliessen. Zudem ist eine Gefährdungseinschätzung nötig, welche Auswirkungen ein Störfall auf Mensch und Umwelt hat und welche Maßnahmen dann zu ergreifen sind“, fordert die Grünen-Politikerin.

In den Niederlanden werden seit November 2020 die Luft-Messwerte stündlich erfasst, so dass erstmals ein Abgleich mit dem Risikogrenzwert von 300 Siliziumkarbid-Fasern pro Kubikmeter und Stunde möglich ist. Die Auswertung der Messergebnisse der ersten neun Monate war nach Angaben des Landes unauffällig. „Dabei ist jedoch zu beachten, dass in diesem Zeitraum kein einziger Blazer auftrat, wir haben also nur Glück gehabt“, so Janssen-Kucz.

Bernd Meyerer von der Bürgerinitiative ‚Saubere Luft Ostfriesland‘ hält das niederländische Luftmessnetz im Umfeld des Betriebs jedoch für unzureichend: „Bei einem Blazer werden bis zu fünf Tonnen Staub mehr als 150 Meter hoch in die Luft geschleudert. Die Schmutzwolke wird dann mit dem Wind weitergetragen. Die niederländischen Messstationen sind nur über vier Kilometer von dem problematischen Werk verteilt. Wie hoch ist wohl die Wahrscheinlichkeit, dass die Wolke in 150 Metern Höhe von einer dieser Messapparaturen erfasst wird? Diese Messanlagen können nur die diffusen Emissionen aus dem Normalbetrieb erfassen.“ Die Forderung der Bürgerinitiative lautet: „Blazer müssen als Betriebsunfälle eingestuft und dementsprechend untersagt werden. In der neuen Betriebsgenehmigung müssen die jährlichen Schadstoff-Emissionen strickt gedeckelt werden. Emissionen durch etwaige Blazer sind dann vom Jahreskontingent abzuziehen. Kann der Jahresgrenzwert nicht eingehalten werden, ist der weitere Betrieb einzustellen.“