Über Sozialwohnung muss man reden

Grüne sehen wachsende Probleme im Wohnungsmarkt, Kommunen müssen aktiver werden

Christiane Lux-Hartig, Ratsdame Wittmund

Der Streit zwischen CDU und SPD um Sozialwohnungen in der Stadt Wittmund ist interessant anzusehen, aber er greift viel zu kurz, so die Grünen Politiker*innen Sina Beckmann, Christiane Lux-Hartig und Alexander von Fintel. Das Thema bedarf eines deutlich weiteren Blicks als nur auf Wittmund und muss auch auf Landes- und Bundesebene angegangen werden. In den Medien ist zurzeit ständig nachzulesen, dass es bundesweit zu wenige Sozialwohnungen gibt. „Erst kürzlich wurde hierzu im Anzeiger für Harlinger der Mieterbundpräsident Lucas Sieberkotten zitiert, der erklärte, dass pro Jahr 80.000 Sozialwohnungen in Deutschland gebaut werden müssten“, erinnert Lux-Hartig, Grüne Ratsfrau in Wittmund.

Sina Beckmann – Bundestags-Direktkandidatin für den Wahlkreis 26 | Foto: privat

„Seit der Finanzkrise 2008 suchen Investorinnen und Investoren sichere Renditen. Viel Geld ist in Immobilien geflossen. Immobilienpreise und Baukosten sind stark gestiegen, die Mieten auch – wenn nicht in allen Kommunen“, erklärt Bundestagskandidatin Beckmann. „Bei steigender Nachfrage, vor allem in den größeren Städten, werden dann weniger Sozialwohnungen gebaut.“ Ein Blick auf die Zahlen für Niedersachsen insgesamt zeigt, dass die Anzahl der Wohnungen mit sozialer Belegbindung von 85.000 im Jahr 2017 auf heute rund 60.000 gesunken ist. Grund dafür ist, dass mit öffentlichen Mitteln geförderte Wohnungsbauprojekte meistens nach 20 Jahren aus der sogenannten sozialen Bindung fallen und zu marktüblichen Preisen gemietet werden dürfen. Kürzungen bei der Förderung haben dazu geführt, dass immer weniger Objekte Menschen mit Wohnberechtigungsschein reserviert sind.

Alexander von Fintel
Alexander von Fintel, Vorstandsmitglied GRÜNE-WHV

Guter und auch für niedrige Einkommensschichten bezahlbarer Wohnraum ist in Wittmund tatsächlich ein Problem, allerdings nicht nur dort. „Bei uns in Wilhelmshaven gibt es aufgrund der sozialen Strukturen und des höheren Anteil von Geflüchteten deutlich größere Probleme, vor allem bei der Qualität der Wohnungen im Niedrigpreis Segment. Wer ab und zu die Wilhelmshavener Zeitung liest, könnte von den Problemen bei den Adler-Wohnungen, die früher der Stadt gehörten und leider privatisiert wurden, gehört haben.“ findet von Fintel, Vorstandsmitglied der Grünen in Wilhelmshaven. Die Antwort auf das Problem könnte neue Förderinstrumente sein, die Renovierungen bezuschussen, wenn Mietpreise niedrig gehalten werden. Hier sind Land und Bund gefragt. Auch die bundesweite Mietpreisbremse muss endlich beschlossen werden. Probleme, günstigen Wohnraum zu finden, dürften zunehmen. Das Land prüft die Gründung einer eigenen Immobilienbaugesellschaft. Kommunen sind gut beraten, in eigenen Immobiliengesellschaften zu investieren bzw. solche Gesellschaften zu gründen. Solche Investitionen machen nicht nur sozialpolitisch, sondern auch finanziell viel Sinn“, so die drei Grünen.