Besserer Nahverkehr fällt nicht vom Himmel

In den vergangenen Wochen wurde häufig über die (geplanten) Veränderungen im Öffentlichen und im Schienengebundenen Personennahverkehr (ÖPNV / SPNV) und in der Verkehrsregion Nahverkehr Ems-Jade berichtet.

Hierzu sagt Eberhard Hoffmann, Beirat für Mobilität im Vorstand der Kreisgrünen Wttmund, in einer Mitteilung an die Presse: „Wir freuen uns riesig, dass die ersten Verbesserungen an dem miserablen ÖPNV auf der ostfriesischen Halbinsel und speziell im Landkreis Wittmund jetzt auf den Weg gebracht sind und Wirklichkeit werden. Tatsächlich werden viele weitere Veränderungen erst ab 2025 wirklich greifen können, denn bis dahin und darüber hinaus (teilweise bis 2030) halten die Verkehrsunternehmen Linienkonzessionen, die bislang eine bessere Planung behindern. Bisher wurden Lösungsmöglichkeiten entwickelt, Zwischenschritte beschlossen und politische Mehrheiten gewonnen. Für Veränderungen der Angebote braucht es langen Atem, Verbesserungen fallen nicht vom Himmel.“

Eberhard Hoffmann
Eberhard Hoffmann (BÜNDNIS 90 / GRÜNE Wittmund | Foto: Hoffmann

Hoffmann führt weiter aus: Im Land Niedersachsen hat die damalige Koalition aus SPD und Grünen 2016 eine Novellierung des Nahverkehrsgesetzes beschlossen, das den Landkreisen und Städten mehr Kompetenzen bei der Planung des Nahverkehrs ermöglicht. Ebenfalls in 2016 hat sich im Landkreis Wittmund die Mehrheitsgruppe Rot-Grün-Plus gebildet. Erstmals in deren Zukunftspapier steht als Leitbild ein anspruchsvolles, ausgewogenes und dauerhaft finanzierbares ÖPNV-Angebot und der angestrebte Beitritt zu einem Zweckverband. Auf Antrag von Rot-Grün-Plus wurde im Sommer 2017 der zu erstellende Nahverkehrsplan von einem professionellen Expertenbüro begleitet. Im darauf folgenden Jahr wurde dann noch vor Beschluss des Nahverkehrsplanes im Kreistag die Linienbündelung beschlossen. Linienbündelung bedeutet laut Martin Mammen, Kreistagsabgeordneter der Grünen, dass stark frequentierte und weniger stark frequentierte Linien im Paket vergeben werden, die bisher übliche Rosinenpickerei funktioniert nicht mehr. Erst die Linienbündelung ermöglicht eine sinnvolle Planung des ÖPNV mit getaktet aufeinander abgestimmtem Bus- und Zugverkehr. Der Beschluss erfolgte gegen den vehement vorgetragenen Widerstand der Busunternehmen, die ihre bisherigen Linienkonzessionen behalten und fortschreiben wollten. Mit der Linienbündelung war der Landkreis Wittmund absoluter Vorreiter in der Region, mittlerweile sind Aurich und Friesland gefolgt. Der Beschluss ist auch die Grundlage für die Ausschreibungen der Busverkehre, die 2021 beginnen werden. Damit wird der Landkreis, so Mammen, vom ausschließlichen Geldgeber endlich zum wirklichen Aufgabenträger. Diese Beschlüsse und Maßnahmen greifen allerdings erst ab 2025, weil erst dann die bisherigen Konzessionen der Verkehrsunternehmen auslaufen werden. Im Jahr 2019 folgte dann der einmütige Beschluss des Kreistages für ein neues Nahverkehrskonzept.

Ulrike Maus, Kreistagsabgeordnete Wittmund

Ulrike Maus, ebenfalls Grüne Kreistagsabgeordnete, erinnert sich an ihren ersten Besuch 2017 als Vertreterin des Landkreises Wittmund, zusammen mit dem gerade neu gewählten Landrat Holger Heymann, bei einer VEJ-Vertreterversammlung. Es wurde schnell klar: so verschlafen und uneins war kein besserer Nahverkehr zwischen Ems und Jade zu organisieren. Also begann schon 2018 die Diskussion, einen eigenen Zweckverband Ems-Jade zu gründen. Und der Landkreis Wittmund ließ auf Antrag von Rot-Grün-Plus ein Gutachten der VEJ für eine bessere ÖPNV Organisationsstruktur erstellen. Dieses Gutachten liegt seit Herbst 2020 vor, es wird vor Ort und in der VEJ engagiert diskutiert, entsprechende Anpassungen werden vom Gutachter nachgeliefert.

Die jetzt anstehende schwierige Aufgabe heißt, die verschiedenen Interessen und Ausgangslagen der Städte und Landkreise zu einer gemeinsamen und wirksamen Struktur zusammen zu führen. Wittmund und Friesland haben sich schon zu der starken Struktur eines Zweckverbandes bekannt. Es wird nun wieder geredet, Lösungsmöglichkeiten gesucht und gefunden und dann eine Organisationsstruktur gebaut werden, die das Leitbild eines bürgerfreundlichen ÖPNV Realität werden lässt. Der Wittmunder Kreisverband von Bündis90/Die Grünen hat hierzu seit 2010 Diskussionen geführt und Konzepte erarbeitet (der Anzeiger berichtete mehrfach), seit 2015 auf den Grünen Mobilitätskonferenzen der Grünen Stadt- und Kreisverbände der ostfriesischen Halbinsel. Umso mehr freut sich Eberhard Hoffmann, über die Zwischenergebnisse. Diese zeigen, dass Grün wirkt: in Landesregierungen und in wegweisenden einvernehmlichen Beschlüssen in Kreistagen. Und ja, sogar in einzelnen Verkehrsunternehmen, die mittlerweile ihre Blockadehaltung aufgeben und sich stattdessen bemühen den Ausschreibungen mit Verbesserungen zuvor zu kommen. Solche Verbesserungen sind z.B. barrierefreie Busse, einheitliche Kennzeichnungen der Busse und lesbare Fahrpläne. Und nächste Schritte müssen – wie schon lange von den Grünen gefordert – folgen: Buchen und Bezahlen per App, und nachvollziehbare und zumutbare Tarife.