Neues Grünes Grundsatzprogramm unter maßgeblicher Beteiligung aus dem Harlingerland

Auf ihrer Kreisvorstands-Sitzung Ende November (Webkonferenz) haben die Grünen im Landkreis Wittmund unter anderem ausführlich über die Grüne Bundesdelegiertenkonferenz (Bundesparteitag) vom 22. November und das dort beschlossene Grundsatzprogramm berichtet und diskutiert. An dem Parteitag, der erstmals vollständig online stattgefunden hat, haben für den Grünen Kreisverband Wittmund Ingrid Ahrens und Rainer Nölken als Delegierte teilgenommen.

Eberhard Hoffmann
Eberhard Hoffmann (BÜNDNIS 90 / GRÜNE Wittmund | Foto: Hoffmann

Darüber hinaus haben die Mitglieder des Wittmunder Kreisverbandes Anträge zu spezifischen Themen eingebracht. Zwei Anträge von Eberhard Hoffmann (Moorweg) zur sozial-ökologischen Transformation der Wirtschaft und Kriterien und Indikatoren für eine am Gemeinwohl statt an Einzelinteressen orientierten Wirtschaft sind per Einigung eingeflossen in das Kapitel „In die Zukunft Wirtschaften“. Dessen einleitender Absatz lautet nun „Die Wirtschaft dient den Menschen und dem Gemeinwohl, nicht andersherum. Nachhaltiger Wohlstand im Sinne von Klimaneutralität, Vorsorge und Gerechtigkeit ist Kern eines zukunftsfähigen Wirtschaftssystems. Ziel ist ein Wirtschafts- und Finanzsystem, das die planetaren Grenzen einhält und mehr Lebensqualität für alle Menschen erreicht, weltweit und für zukünftige Generationen. Dazu ist es notwendig, grundlegend anders zu wirtschaften: chancen-, ressourcen- und geschlechtergerecht. Dies bedeutet einen Wandel hin zu einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft innerhalb klarer Leitplanken und mit Gemeinwohlorientierung, …“

Bärbel Kraus, Vorsitzende des GRÜNEN OV Langeoog

Auf gute Resonanz stieß der von der Landesarbeitsgemeinschaft Häfen, Schifffahrt und Küstenschutz (Vorstandssprecherin ist Bärbel Kraus aus Langeoog mit Ulf Berner aus Wilhelmshaven) erarbeitete Antrag für emissionsfreie Schiffe und alternative Antriebssysteme. Ein detailliertes, Schifffahrtskonzept soll in den kommenden vier Jahren ausgearbeitet werden.

Das neue Grundsatzprogramm der Grünen bestimmt die Leitplanken grüner Politik für die nächsten 15 bis 20 Jahre. Laut Rainer Nölken ist das Programm vor allem ausgerichtet auf den Stopp des Klimawandels. Viele Anträge und Diskussionen drehten sich um die Notwendigkeit, auf den 1,5 Grad-Pfad zu kommen. Hierzu Rainer Nölken:

Rainer Nölken
Rainer Nölken, Kreiskassierer Wittmund

Das 1,5 Grad-Ziel ist moralisch und ökonomisch geboten. Doch durch jahrzehntelange Verantwortungs-verweigerung ist das 1,5 Grad-Ziel nur noch mit größten Anstrengungen zu erreichen. Daher kommt es jetzt darauf an, endlich konsequent zu handeln. Dazu brauchen wir radikalen Klimaschutz, durch jeden Einzelnen, Unternehmen wie Konsumenten, also Bürgerinnen und Bürger. Bisherige Erfolgsmodelle der Wirtschaft nicht nur Deutschlands werden keine Garantie für eine sozialverträgliche und gleichzeitig ökonomisch erfolgreiche Ausrichtung unserer Wirtschaft in der Zukunft sein. Für rein marktwirtschaftliche Anpassungsprozesse haben wir nicht genügend Zeit. Staatliche Investitionsprogramme können hier helfen. Viele Anträge hatten daher das Ziel, mit solchen Programmen den Umbau unserer Wirtschaft auf solche Bereiche zu konzentrieren, die den größten klimaschonenden Effekt haben werden.”

Klar haben sich die Delegierten für eine klimaschonende, kreislauforientierte und regional verwurzelte Landwirtschaft ausgesprochen. „Sie arbeitet ressourcenschonend, natur-verträglich und orientiert sich am Leitbild der ökologischen Landwirtschaft mit ihren Prinzipien Tiergerechtigkeit, Gentechnikfreiheit und Freiheit von synthetischen Pestiziden.“ heißt es wörtlich im neuen Grundsatzprogramm.

Ausführlich beschäftigt sich das Grundsatzprogramm mit der Mobilität, und zwar auch auf dem Land. Es braucht, so Rainer Nölken „einen verlässlichen Takt bei der ÖPNV-Anbindung“ und „die Verkehrswende gelingt nur mit einer starken und zuverlässigen Bahn“.

Anette Kraft, Kreissprecherin Wittmund

Wie wichtig Demokratie für die Grünen ist, das wurde auf dem Parteitag allein schon daran deutlich, dass über 1000 Anträge aus den Kreisverbänden und den Bundesarbeits-gemeinschaften der Grünen gestellt worden sind. Die Diskussion und Abstimmung zu den Anträgen nahm laut Rainer Nölken mit Abstand die meiste Zeit auf der technisch nahezu perfekt orchestrierten Konferenz ein. Neben Volksbegehren und Volksentscheiden auf Landesebene möchten die Grünen laut ihrem Grundsatzprogramm auf Bundesebene sogenannte Bürgerräte einführen und setzen dort nach sehr knapper Abstimmung nicht auf Volksentscheide. Die Bürgerräte sollen gebildet werden aus per Losverfahren ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern, die den Bevölkerungsquerschnitt repräsentieren müssen. Die Bürgerräte sollen politische Entscheidungen auf allen Ebenen (Kommunen, Land, Bund) vorbereiten, und die Politik muss sich mit ihren Ergebnissen befassen, ohne an diese gebunden zu sein. Auch für den Landkreis Wittmund forderten die grüne Kreissprecherin Anette Kraft und Kreissprecher Dr. Arendt Hindriksen die baldmögliche Aktivierung des bereits lange beschlossenen Klimarates, der dem Modell der neuen Bürgerräte ähnelt.