Wer soll das alles bezahlen?

Stadt-Land & Bund diskutieren zu den Kosten der Corona-Krise

Am Montagabend (18.05.) diskutierte der Wilhelmshavener Oberbürgermeister Carsten Feist auf Einladung des Grünen Kreisverbandes mit den grünen Haushaltsexperten in Berlin und Hannover, Sven-Christian Kindler MdB und Stefan Wenzel MdL.

Carsten Feist (parteilos), Oberbürgermeister Wilhelmshaven

Am Anfang ging es um die Frage, wie die Krise sich im jeweiligen Haushalt auswirken dürfte. Für Wilhelmshaven rechnete OB Carsten Feist vor, dass allein durch Gewerbe- und Einkommensteuerausfälle rund 30 Millionen EUR fehlen dürften. Außerdem werden Eigenbetriebe wie das Klinikum und die Stadtwerke Verluste schreiben, und die Stadt tätigt zusätzliche Ausgaben für Schutzmaßnahmen. Insgesamt ging Feist nach heutigem Stand von Kosten von mindestens 50 Millionen EUR aus.

Stefan Wenzel (MdL / GRÜNE)

In Hannover werden die Kosten auf Landesebene in Milliarden gezählt. Stefan Wenzel berichtete, dass die ganz aktuelle Steuerschätzung von Mindereinnahmen in Höhe von 3,4 Milliarden EUR für das Land Niedersachsen ausgeht. Dennoch möchte der grüne Landtagsabgeordnete noch nicht anfangen zu sparen:

„Wenn die Landesregierung in der Krise weniger Geld ausgibt, wird die Rezession noch länger und tiefer als sonst. Wir müssen dringend investieren, zum Beispiel in unseren Schulen, in der Digitalisierung, den Küstenschutz und natürlich auch den Klimaschutz.“

Da Kommunen an rund 60 % der öffentlichen Investitionen in Deutschland beteiligt sind, plädierte Wenzel auch für einen Entlastungfonds für die Kommunen. Die Grünen im Landtag schlagen einen Fonds in Höhe von 3 Milliarden EUR vor. Das würde bedeuten, dass ein Großteil des Fehlbetrags von 50 Millionen EUR im Wilhelmshavener Haushalt ausgeglichen wären.

Sven-Christian Kindler
Sven-Christian Kindler (MdB / GRÜNE)

In Berlin ist schon die Billionenmarke geknackt. Mit dem Nachtragshaushalt, dem Wirtschaftsstabiliserungsfonds und den umfangreichen Garantien hat der Bund Ausgaben und Garantien von über einer Billion Euro bewilligt.
Dennoch findet Sven-Christian Kindler, haushaltspolitischer Sprecher der GRÜNEN im Bundestag, dass Deutschland sich diese Ausgaben leisten kann und muss: „Nach der Finanzkrise hatte Deutschland einen Schuldenstand von über 80 Prozent in Relation zum BIP, vor Beginn der Corona Krise lag er unter 60 Prozent. Das Absenken des deutschen Schuldenstandes der letzten Jahre war dabei nicht die Folge von immensen Sparanstrengungen, sondern Deutschland ist praktisch aus seinen Schulden herausgewachsen. Das gibt Zuversicht, auch die Herausforderungen aus der Corona-Pandemie bewältigen zu können. Aktuell und auch in den nächsten Jahren werden die Zinsen für deutsche Staatsanleihen sehr niedrig oder sogar negativ sein.

Klar ist, dass es eine faire Lastenverteilung der Kosten der Krise geben muss.

Die Vermögen, die jetzt mit staatlichen Schulden, gerettet werden, müssen einen Beitrag zur Finanzierung dieser Schulden leisten.

Zoom-Live
Online Diskussion. Oben v.L: Alexander von Fintel, Sven-Christian Kindler ; unten v.L. : Carsten Feist, Stefan Wenzel

Alle waren sich einig, dass die Bildung keine Opfer von Corona werden darf. Viel Zustimmung erhielt das Plädoyer von Carsten Feist für kostenlose Schulbücher und eine Vereinfachung des Digitalisierungsfonds des Landes, um Investitionen in Software und Fortbildungen zu ermöglichen.