Pressemitteilung zur abschließenden Beratung des Gesetzentwurfes zum Schutz vor Konversionsbehandlungen im Gesundheitsausschuss

Zur morgigen abschließenden Beratung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung zum Schutz vor Konversionsbehandlungen im Gesundheitsausschuss appelliert Ulle Schauws, Sprecherin für Queerpolitik der grünen Bundestagsfraktion an die Große Koalition:

„Die aktuelle Fassung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung zum Schutz vor Konversionsbehandlungen ist enttäuschend und verdient seinen Namen nicht. Er muss im Endspurt des parlamentarischen Verfahrens mindestens in drei Punkten nachgebessert werden. Dies war in der öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss am 11. März 2020 deutlich geworden. Auch der Bundesrat sowie verschiedene Verbände teilten die Kritik und forderten eine Nachbesserung des Entwurfes.

Deshalb bringt die grüne Bundestagsfraktion im Gesundheitsausschuss drei Änderungsanträge, die drei essentiellen Schwachstellen des Gesetzentwurfes der Bundesregierung betreffen:

– Der Regierungsentwurf soll die Durchführung von Behandlungen an Volljährigen erlauben, wenn eine informierte Einwilligung vorliegt. Das widerspricht dem Ziel des Gesetzes, Menschen vor sog. Konversionsbehandlungen zu schützen. Daher soll in Anlehnung an die Sozialgesetzgebung eine Schutzaltersgrenze von 26 Jahren vorgesehen werden. Bei jungen Menschen in der Altersgruppe zwischen 18 und 26 Jahren ist vielfach ein vergleichbarer Schutzbedarf wie bei Minderjährigen gegeben, gerade auch was Coming-out-Verläufe und familiäre Abhängigkeiten angeht.

– Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung soll der Straftatbestand nicht auf Personen angewendet werden, die als Fürsorge- oder Erziehungsberechtigte handeln, sofern sie durch die Tat ihre Fürsorge- oder Erziehungspflicht nicht gröblich verletzen. Diese Straffreistellung suggeriert, dass Fürsorge- oder Erziehungsberechtigte Konversionsbehandlungen durchführen können, ohne dabei ihre Fürsorge- oder Erziehungspflicht gröblich zu verletzen. Das konterkariert das Ziel des Gesetzentwurfes sowie die auch in seiner Begründung zitierten wissenschaftlichen Erkenntnisse, die zweifellos die Schädlichkeit dieser Pseudotherapien belegen, bis zur Gefahr eines Suizids.

– Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, dass für Konversionsbehandlungen an Volljährigen nicht-öffentlich geworben werden kann. Das ist angesichts der Schädlichkeit dieser Pseudotherapien nicht zu rechtfertigen und mit Rechtsunsicherheit und der Gefahr der Umgehung des Verbots verbunden. Hier soll eine Vorschrift geschaffen, die impraktikabel ist und Schlupflöcher bereithält.

Zudem wird auch über den grünen Antrag (http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/079/1907931.pdf) zum umfassenden Aktionsplan gegen Konversionsbehandlungen jenseits eines strafrechtlichen Verbotes debattiert. Zu den Maßnahmen gehören u.a. Kampagnen, die die Akzeptanz der Vielfalt sexueller Orientierungen, geschlechtlicher Identitäten und von Geschlechtsmerkmalen vergrößern und über die Gefährlichkeit von Behandlungen aufklären. Hiermit sollen die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die Bundeszentrale für politische Bildung sowie Jugendhilfeeinrichtungen beauftragt werden. Zivilgesellschaftliche Organisationen, die Aufklärungsarbeit leisten, sollen finanziell unterstützt werden. Darüber hinaus sollen die Richtlinien des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung überprüft werden, damit die sogenannten „Konversionstherapien“ nicht unter anderen Leistungen abgerechnet werden können. Und schließlich muss klar sein, dass das Anbieten solcher Pseudotherapien, die die grundrechtlich geschützte Menschenwürde der Betroffenen verletzt, der Gemeinnützigkeit entgegensteht.“