Was wäre wenn,

der Shutdown unserer Gesellschaft, unserer Wirtschaft noch über den 18. April 2020 hinaus bestehen bliebe? Es sieht ja ganz danach aus, als würden die existierenden Regelungen auch nach diesem fast schon magischen Datum nicht gelockert. Lehrer*innen schreiben jetzt schon, vorsorglich wie es heißt, die Sommer-Zeugnisse für die Schüler*innen. Bedeutet dies, dass bis Ende August alles so bleibt, wie es jetzt ist? Keine Schule, keine Kita, leere Innenstädte, geschlossene Geschäfte, Kurzarbeit und Homeoffice. Sind das die Aussichten?

Nun, ab dem 04.04. sollen Bau- und Gartenmärkte wieder öffnen dürfen. Die deutsche Gärtner*innen-Seele möchte gestreichelt werden nach so langer Zeit in der sozialen Isolation. Wenigstens die Arbeit in und am Garten muss doch möglich sein. Doch was dem einen das Buddeln in der Erde, ist dem anderen das Lesen, das Nähen (nicht nur Masken) und weitere Freizeitbeschäftigungen. Warum also öffnen nur die Bau- und Gartenmärkte? Die offizielle Begründung ist klar, man versucht so, den Menschen etwas zu tun zu geben und hilft den Gartenmärkten, dass die Pflanzen in die Erde kommen. Aber fair ist es nicht. Fair bezogen auf die anderen Einzelhändler und Gastronom*innen, die jetzt schon oder bald vor großen wirtschaftlichen Problemen stehen.

Insgesamt wird der wirtschaftliche Schaden durch das Corona-Virus in Deutschland, aber auch in der EU immer größer. Man diskutiert über europäische Hilfen und mangelnde Solidarität und streitet über Euro-Bonds. Wo führt das alles hin? Ja, die Gesellschaft muss geschützt und das Gesundheitssystem darf nicht überlastet werden. Die Hashtags #WirbleibenzuHause, #Stayathome und #Flattenthecurve sind seit Anfang März das Gebot der Stunde. Aber nochmal muss die Frage gestattet sein, wie wir mit unserer Wirtschaft umgehen wollen. Schaut man sich international um, scheinen einige asiatische Länder wie Südkorea oder auch Hongkong eine andere, vielleicht eine bessere Strategie zu fahren. Die Wirtschaft bleibt am Laufen, das gesellschaftliche Leben wird insoweit verändert, als dass das Maskentragen überall und für jeden zur Pflicht geworden ist und man hält sich an wenig Kontakte. Dazu wird viel getestet, die Erkrankten können isoliert und behandelt werden, bevor diese wiederum viele Menschen anstecken können.

Es ist illusorisch zu hoffen, dass sich möglichst wenig Menschen mit dem Corona-Virus infizieren, denn wir werden erst weltweit mit dem Virus klarkommen, wenn eine sogenannte Herdenimmunität vorhanden ist oder es einen geeigneten Impfstoff gibt. Aber es ist für die Gesundheitssysteme jedes Landes enorm wichtig, dass die Infektionen langsamer verlaufen, damit die Menschen gesund gepflegt werden können. In Italien haben wir leider alle sehen müssen, was passiert, wenn exponentielles Wachstum auf eine chronisch unterfinanzierte Gesundheitsversorgung trifft. Doch wir sehen leider auch, wie Kleinst-Unternehmen und Solo-Selbstständige schon jetzt nicht mehr wissen, wie sie wirtschaftlich über die nächste Zeit kommen sollen. Manche Mitarbeiter*innen von größeren Betrieben sehen sich mit Kurzarbeitergeld, was bei 60/ 67% von Nettolohn auch nicht immer viel ist, ebenfalls vor einer ungewissen Zukunft.

Was also, wenn wir nach dem magischen Datum, dem 18.04.2020, einen anderen Kurs fahren? Wenn wir die Geschäfte wieder öffnen und die Wirtschaft langsam wieder in Gang kommen lassen? Natürlich mit allen Vorsichtsmaßnahmen, die machbar sind. Mit einer Zugangsbeschränkung für die Läden und Abstands-Markierungen. Mit einer Masken-Pflicht für alle, beim Einkaufen, Arbeiten und in der Öffentlichkeit. Ja, die Masken helfen dem RKI zufolge nicht dem Tragenden, aber dem Gegenüber. Doch wenn wir alle eine Maske tragen, sind wir alle gegenseitig die „Gegenübers“ und dann hilft es doch jedem Menschen. Und auch mit den Masken halten wir uns weiterhin physisch voneinander fern. Wir können und sollten die Testkapazitäten erhöhen, um so zielgerichtet handeln zu können. Corona-Patienten können so effektiv behandelt werden und die Mitmenschen geschützt. Gerade die Antikörper-Test-Kapazitäten sollten in den nächsten Wochen stark erhöht werden. So lassen sich die Menschen finden, die mit dem Virus infiziert waren und nun nach der Genesung immun gegen ihn sind. Diese Menschen können ihr Blutplasma spenden, welches wiederum akut erkrankten Menschen gegeben werden kann – die Heilungschancen steigen dadurch enorm.

Fahren wir die Wirtschaft nach Ostern nun langsam wieder hoch, kann eben jene sich langsam wiederaufbauen und erholen. Für einige Bereiche fallen so vielleicht weniger Kurzarbeitergeld und Zuschüsse sowie staatliche Hilfen an. Es wäre eine Möglichkeit so Gelder zu sparen, die dann für andere Bereiche, so zum Beispiel der Tourismus, die Gastronomie und die Künstler, die weiterhin unter den Kontaktbeschränkungen leiden werden, sofort zur Verfügung stünden. Zudem wird auch unser Gesundheitssystem weiterhin viele Gelder vom Staat benötigen.

Noch macht die große Mehrheit der Bevölkerung mit bei diesem einmaligen Experiment, dem Herunterfahren der Gesellschaft, der Wirtschaft. Doch das wird, aus verschiedenen Gründen und verständlicherweise, nicht ohne weiteres noch Wochen so umsetzbar sein. Die berufliche und persönliche Unsicherheit wird zunehmen, Ängste und Ärger werden aufkommen, vielleicht sogar Wut. Die Gefahr dabei ist eine Unruhe im Land, die politisch nur der AfD nützen dürfte. 2021 sind Bundestags- und auch viele Kommunalwahlen. Wir müssen jetzt mit klugen Entscheidungen die Weichen stellen, dass wir weiterhin ein demokratisches und freies Land sind und bleiben. Die nächsten Wochen sind somit nicht nur wichtig für unsere Gesundheit, die wirtschaftliche Entwicklung und den Zusammenhalt in Europa, sondern vor allem für unsere Demokratie. Jede*r kann hier einen Beitrag leisten – in diesem Sinne #wirhaltenzusammen