Bundesregierung ignoriert wissentlich Verfolgung sexueller Minderheiten in Nordafrika

Die Bundesregierung hat heute einen Gesetzentwurf beschlossen, um die „Maghreb“-Staaten Algerien, Marokko und Tunesien sowie Georgien zu „sicheren Herkunftsländern“ zu erklären. In diesen Ländern findet eine strukturelle Diskriminierung und Verfolgung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen statt.

Hierzu erklärt Sven Lehmann MdB, Sprecher für Queerpolitik der Grünen im Bundestag:

„Die Ignoranz der Bundesregierung gegenüber Menschenrechtsverletzungen ist erschreckend. Länder, in denen Homo- und Transsexuelle diskriminiert und verfolgt werden, sind nicht sicher.

Erst vor kurzem hat die Bundesregierung auf meine Anfrage hin die dramatische Lage von Homosexuellen bestätigt, denen in den Maghreb-Staaten bis zu drei Jahre Haft drohen. Sie leben in einem gesellschaftlichen Klima, das gleichgeschlechtliche Liebe kriminalisiert. Hinzu kommt die Angst, aus dem direkten persönlichen Umfeld angezeigt und dann festgenommen und verurteilt zu werden. Im letzten Jahr geschah dies alleine in Tunesien 70 mal. Gleichzeitig musste die Bundesregierung einräumen, dass wie im Falle von Algerien ihr die Zahl anhängiger Verfahren nicht einmal bekannt sei. Menschenrechtsorganisationen und Asylsuchende berichten seit langem sehr konkret von einem Klima der Angst und der Repression, das auch durch Polizisten ausgeübt wird.

Wie kann man angesichts dieser Fakten allen Ernstes diese Länder als sicher einstufen? Damit stellt die Bundesregierung ein Gütesiegel für Länder aus, in denen Homosexuelle systematisch als Personen- oder Bevölkerungsgruppe verfolgt werden. Wer die Kriminalisierung von Homosexuellen klein redet, darin keine systematische Verfolgung einer Personengruppe sieht und betroffene Länder als „sicher“ einstufen will, disqualifiziert die deutsche Menschenrechtspolitik. Die Bundesregierung untergräbt die weltweiten Erfolge um Entkriminalisierung einvernehmlicher homosexueller Handlungen unter Erwachsenen. Damit sendet sie ein fatales Signal an die Regime, die Minderheiten verfolgen. Wir fordern Bundestag und Bundesrat auf, diesen Gesetzentwurf abzulehnen.“